Eran Davidson ist ein Revolutionär. Nicht im politischen Sinne, sondern für die heimische Startup-Szene. Als einziger Anbieter in Deutschland gewährt er jungen Firmen über seinen Fonds „Davidson Growth Debt“ Kredite. Das machen Banken nicht. Und lassen sich dadurch eine Riesenchance entgehen, glaubt der 56-Jährige.
Herr Davidson, seit zwei Jahren bauen Sie den „Davidson Growth Debt“-Fonds auf. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Eran Davidson: Ich habe damit eine Lücke geschlossen: Startups brauchen Geld, aber die Banken leihen ihnen keines. Ab einem gewissen Wachstum wollen die Gründer aber keine Unternehmensanteile mehr an Risikokapitalgeber verkaufen. Das rechnet sich nicht mehr und die Startups wollen den Einfluss von außen begrenzen. Sie können dann schuldenfinanziert schneller wachsen. In Deutschland gab es bisher aber nur Risikokapitalgeber. Jetzt sind wir der einzige Anbieter von Risiko-Krediten.
Warum sind die Banken so zimperlich?
Eran Davidson: Zum einen dürfen sie nicht, weil sie überreguliert sind. Zum anderen springen deutsche Institute immer als letzte auf neue Investment-Ideen auf. Aber sie lassen sich eine tolle Chance entgehen: In den USA ist diese Art der Startup-Finanzierung seit rund 30 Jahren beliebt und mittlerweile ist das eine milliardenschwere Industrie. Nur mit ihrer Hilfe sind Unternehmen wie Amazon und Youtube so groß geworden. Und es wären Gewinne von zehn Prozent möglich.
Was sind die Nachteile des Private-Equity-Modells, bei dem Investoren Unternehmensanteile kaufen und im Erfolgsfall profitieren? Schließlich hat es sich etabliert…
Eran Davidson:…das Risiko ist enorm: Scheitert eine Geschäftsidee, muss der Risikokapitalgeber schlimmstenfalls einen Totalverlust hinnehmen. Wir gehen den Mittelweg: Der Gewinn ist nicht ganz so hoch, dafür ist das Ausfallrisiko aber kleiner. Und die Investoren sparen natürlich Zeit, denn wir prüfen und bewerten die Unternehmen.
Wie sichern Sie Ihren Fonds?
Eran Davidson: Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben, aber das brauche ich auch nicht. Die Startups bürgen allerdings mit Patenten oder, bei Händlern, mit ihren Beständen.
Und welchen Zinssatz zahlen die Startups für den Kredit?
Eran Davidson: Zwischen zehn und zwölf Prozent. Das ist nicht viel. Sehen Sie, wenn eine Firma wächst, werden die Unternehmensanteile der Risikokapitalgeber ja immer wertvoller. Am Ende kostet er die Gründer vielleicht die Hälfte des Firmenwerts. Aber mit einem Kredit kann das Unternehmen aus sich selbst heraus wachsen, expandieren, indem es ein neues Büro eröffnen oder das Marketing in einem anderen Land ankurbelt. Im vergangenen Jahr haben sich etwa hundert Firmen beworben. Die Nachfrage ist also da.
Wie wählen Sie die Kreditnehmer aus?
Eran Davidson: Da gehe ich wie ein Investor heran: Der Bewerber sollte bereits 10 Millionen Euro jährlich umsetzen. Wir sprechen hier also von Startups mittlerer Größe. Sie sollten außerdem profitabel sein, also ein positives Cash-Flow vorweisen können und schnell wachsen. Außerdem bin ich seit zwanzig Jahren in der Branche, habe sieben Fonds verwaltet, unter anderem für den SAP-Gründer Hasso Plattner und mit etwa hundert Startups zusammengearbeitet. Die Erfahrung hilft natürlich enorm. Risikokapitalgeber schicken ihre Schützlinge zu uns. Aber wir nehmen nur einen von etwa 50. Es ist also ein Zeichen von Stärke für das Startup, wenn wir einem jungen Unternehmen einen Kredit zusagen.
Die Geschäftsidee und die Menschen dahinter sind dabei nicht so wichtig?
Eran Davidson: Doch, natürlich! Excel-Tabellen sind das eine, aber wir investieren vor allem in Menschen. Ich will sehen, dass die Gründer mit Leidenschaft dabei sind. Weil wir sie besonders gut kennenlernen wollen, treffen wir sie oft.
Wie viele Startups haben bereits einen Kredit erhalten?
Eran Davidson: Bisher nur eines: Die Berliner Design-Verkäufer von Monoqi haben 3,25 Millionen Euro bekommen. Zur Zeit haben wir mehr als fünf Firmen im Blick. Wir werden sehr bald die nächste Vergabe bekannt geben. Näheres will ich dazu aber noch nicht sagen.
Wer sind die Investoren?
Eran Davidson: Sie kommen teils aus Deutschland, teils aus Israel. Etwa die Hälfte der geplanten 100 Millionen Euro Fondsvolumen habe ich bereits einsammeln können, die andere Hälfte haben Investoren, allesamt professionelle Anleger aus Banken, Versicherungen und Vermögensverwaltungen, größtenteils zugesagt. Sie wollen erst das Portfolio an Kreditnehmern einsehen, was sie bald tun können.
Aus Israel?
Eran Davidson: Ja, die Israelis sind mit Wachstumskrediten vertraut. Und da es ihnen im eigenen Land Gewinne von bis zu zwölf Prozent bringt, sind sie überzeugt, dass das in Deutschland ebenfalls funktionieren kann. Hier muss ich den Markt erst weiterbilden: Viele kennen diese Finanzierungsform gar nicht.
Könnte das nicht auch die Zurückhaltung der Banken erklären?
Eran Davidson: Ich bin mir sicher, dass wir bald Konkurrenz bekommen. Aber vor allem von Anbietern aus Großbritannien und den USA und nicht von der Deutschen Bank oder der Commerzbank.
Auch nicht von der Förderbank KfW, die ja ein kleines Kreditprogramm für Gründer ins Leben gerufen hat?
Eran Davidson: Sie könnten! Meines Wissens haben diese aber keine geeigneten Produkte für Finanzierungen dieser Art. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es sich für eine Förderbank lohnt, solche Produkte anzubieten oder eben in Fonds wie den „Davidson Growth Debt“ zu investieren. Startup-Finanzierung eignet sich auch nicht für öffentliche Institute.
Warum nicht?
Eran Davidson: Das ist eine Mentalitätsfrage: Wir Kapitalgeber arbeiten nicht für ein Gehalt. Wir nehmen Risiken auf uns und stecken jede Menge Zeit hinein, um mit den Leuten zu sprechen. Ein gutes Netzwerk ist sehr wichtig. Wer nicht Teil der Community ist, hat es schwer, hineinzukommen. Aber das Entscheidende ist: Wir wollen Veränderung.
Was für eine Veränderung?
Eran Davidson: Wir haben eine sehr innovative Auffassung vom Leben. Wir wollen Firmen wachsen sehen und nehmen dafür auch schlaflose Nächte in Kauf. Das geht mir mit meinem Fonds genauso.
Wie sieht eine Wirtschaft aus, auf die Sie mit ihrer Arbeit hinarbeiten?
Eran Davidson: Ich glaube absolut an eine privatisierte Wirtschaft, die nur wenig reguliert ist. Nennen Sie mich einen Kapitalisten. Aber ich glaube zum Beispiel, dass die Fintechs das althergebrachte Arbeitsmodell der Banken zerstören werden. Denn sie haben im Wesentlichen die Kundenwünsche im Blick. Es wird also eine Veränderung sein, von der wir, die Konsumenten, profitieren werden.
Wo Sie schon von Fintechs ansprechen: Wie viel Potenzial haben die?
Eran Davidson: In diesem Bereich ist die Firmen-Landschaft schon sehr ausgeprägt. Das nächste große Ding werden Versicherungen sein: In Deutschland haben Unternehmen wie Allianz und Axa fast ein Monopol darauf, aber die Produkte sind schlecht gemanagt. Ich freue mich darauf, ein Versicherungs-Startup zu unterstützen.
Bei so viel Bewegung — werden die Deutschen endlich innovativer?
Eran Davidson: Ich spüre es um mich herum: Eine große Welle von jungen Leuten, die bereit sind Risiken einzugehen, rollt auf uns zu. Sogar die besten Absolventen interessieren sich mittlerweile für die Arbeit in einem Startup. Also ich vor zehn Jahren von Israel nach Deutschland gekommen bin, war das noch nicht so. Aber Deutschland hinkt Israel und Silicon Valley immer noch zehn Jahre hinterher.